Growth Hacker: Was steckt hinter dem mysteriösen Beruf?

growth hacker - der mysteriöse Beruf

Growth Hacking - das klingt ein bisschen wie der Zaubertrank bei Asterix & Obelix. Etwas Magisches, mit dem Unternehmen und ihre Spezialisten - die Growth Hacker - mit geheimen Tricks schnell große Erfolge erzielen können. Ist das wirklich so? 

Was bedeutet Growth Hacking?

Wenn ein Unternehmen sich mit Growth Hacking beschäftigt, verfolgt es ein Ziel: Wachstum (“Growth”) - und das möglichst schnell, am besten exponentiell. Um dieses Ziel zu erreichen, werden verschiedene Tricks (“Hacks”) angewandt. 

Diese Tricks sind keine Standard-Maßnahmen wie das Schalten von Facebook-Anzeigen oder das Buchen von TV-Spots. Stattdessen geht es darum, dass Sie wie ein Hacker denken. Ein Hacker muss viele Möglichkeiten abwägen und unkonventionelle Lösungen finden, um sein Ziel zu erreichen. 

Das Growth Hacking ist somit zuerst ein Mindset. Um es umsetzen zu können, benötigen Sie Kreativität, Durchhaltevermögen, analytische Fähigkeiten und verschiedene Tools.
 

Ist Growth Hacking eine Marketing-Disziplin?

Jein. Beim Growth Hacking nutzen Sie Maßnahmen und Werkzeuge des Marketings, und Sie verfolgen ähnliche Ziele. Deswegen wurde Growth Hacking in der Vergangenheit auch als Growth Marketing bezeichnet.

Doch das “echte” Growth Hacking ist mehr. Dahinter steckt ein übergreifendes Zusammenspiel aus verschiedenen Disziplinen wie Entwicklung, Vertrieb, Business-Analyse, Support, Business Development und eben Marketing. All diese Dinge kommen ins Spiel, damit Sie Ihr oberstes Ziel erreichen: das steile Wachstum.
 


Wie setzt man Growth Hacking um?

Das ist die große Frage! Es gibt nicht das Growth Hacking. Es ist weder eine fest definierte Methode, noch kennt irgendjemand einen immer gültigen Weg zum Erfolg.

Stattdessen geht es beim Growth Hacking darum, dass Sie ganz individuelle Lösungen finden. Dafür müssen Sie als Growth Hacker interdisziplinär arbeiten und viel experimentieren. 

Diese Experimente kosten Zeit und Geld. Somit ist Growth Hacking weder schnell umsetzbar, noch kostenlos - obwohl das oft fälschlicherweise behauptet wird. “Diesen einen Growth Hack, der ein Produkt über Nacht durch die Decke schießen lässt, gibt es leider nicht”, bestätigt der deutsche Growth-Hacking-Coach Hendrik Lennarz.

Obwohl es kein fest definiertes Vorgehen gibt, können Sie das Thema trotzdem methodisch angehen. Fokussieren Sie sich mit Maßnahmen wie Jobs To Be Done, Design Thinking, Lean Startup und agiler Entwicklung auf die Wünsche Ihrer Kunden. Und wenden Sie den Pirate Funnel an.
 

Was haben Growth Hacker mit Piraten zu tun?

Kennen Sie das AARRR-Framework? Das Akronym, das wie ein Raunen eines Freibeuters klingt, nennt man auch Pirate Funnel. 

Der Pirate Funnel beschreibt die Punkte, auf die sich ein Growth Hacker konzentriert. Diese sind:

  • A - Acquisition = Akquisition
  • A - Activation = Handlungsaufforderung
  • R - Retention = Kundenbindung
  • R - Referral = Weiterempfehlung
  • R - Revenue = Umsatz

Verbunden mit dem AARRR-Framework stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Wie findet ein potentieller Kunde Ihr Produkt?
  • Wie können Kunden schnellstmöglich einen “Aha”-Moment erleben?
  • Wie binden Sie Ihre Kunden dauerhaft an Ihr Produkt?
  • Wie sorgen Sie dafür, dass Kunden Ihr Produkt weiterempfehlen?
  • Wie können Sie (mehr) Geld mit Ihren Kunden verdienen?

Der Pirate Funnel ist somit eine Mischung aus Marketing-, Vertriebs- und Business-Strategie. Genau darum es beim Growth Hacking: Vereinen Sie verschiedene Disziplinen, um ein schnelles Kunden- und/oder Umsatz-Wachstum zu erzeugen!
 

Was sind bekannte Beispiele für Growth Hacks?

Der Begriff “Growth Hacking” ist recht jung und stammt aus der Startup-Szene. Der Entrepreneur Sean Ellis prägte ihn im Jahr 2010. Somit stammen die bekanntesten Beispiele für Growth Hacks aus dem Dunstkreis des Silicon Valley.

  • AirBnB: fremdes Netzwerk “kapern”
    Als AirBnB 2008 gegründet wurde, war die Webseite Craigslist (eine Art Schwarzes Brett fürs Internet) extrem beliebt. Das nutzte AirBnB für einen Growth Hack: Jede Übernachtungsmöglichkeit, die auf AirBed&Breakfast (so hieß der Dienst damals) erschien, postete das System automatisch bei Craigslist.
     
  • Dropbox: Freunde einladen und Bonus erhalten
    Als Dropbox 2007 startete, war es ein Pionier in Sachen Cloud-Speicher. Für sein Wachstum nutzte das Startup eine ausgeklügelte Form des Empfehlungsmarketings: Jeder Dropbox-User, der neue User über Twitter, Facebook oder per Mail anwarb, bekam dauerhaft mehr kostenlosen Speicherplatz geschenkt.
     
  • Hotmail: “P.S. I love you”
    Diese kleine Liebesbotschaft ist wohl der meistzitierte Growth Hack der Welt. Ihn wandte Hotmail 1996 an. Die Phrase erschien automatisch unter jeder Mail und war mit der Hotmail-Webseite verlinkt. Mit durchschlagendem Erfolg: Der Mail-Anbieter konnte innerhalb weniger Monate zig Millionen neuer User gewinnen; und wurde 1997 für 400 Millionen Dollar von Microsoft aufgekauft.

Was macht ein Growth Hacker?

Vereinfacht gesagt ist ein Growth Hacker jemand, der sich in einem Unternehmen voll und ganz dem Thema Growth Hacking widmet. Was er dafür tun muss, ist nicht 100%-ig genau definiert. Experten beschreiben den Job folgendermaßen:

“Ein Growth Hacker ist jemanden, der auf Wachstum eingenordet ist. Alles, was er unternimmt, wird genau auf die mögliche Wirkung auf skalierbares Wachstum hin untersucht.”
- Sean Ellis, Erfinder des Begriffs “Growth Hacker”

“Ein Growth Hacker ist eine Mischung aus Marketing-Manager, Programmierer und Datenanalyst. Er untersucht Prozesse und arbeitet auf ein gewähltes Ziel hin.”
- Björn Schumacher, ehemaliger Growth Hacker bei BILD

“Der Job eines Growth Hackers ist es, User – wie auch immer – von einem Schritt zum nächsten zu bewegen und dabei die Conversion jedes Schrittes laufend zu messen und kreativ zu optimieren.”
- Blog des CRM-Anbieters Hubspot

“Im Gegensatz zu einem klassischen Marketeer, betrachten Growth Hacker den gesamten Funnel, inklusive des Produkts, um neue Wachstumschancen zu finden. Sie sind datengetriebene, kreative Marketeer mit hohem technischem Verständnis, die jede Möglichkeit zum Wachstum nutzen.”
- Tomas Herzberger, Autor des Buchs “Growth Hacking”
 

Welche Skills muss ein Growth Hacker besitzen?

Da ein Growth Hacker interdisziplinär arbeitet, ist er eine “eierlegende Wollmilch-Sau”. Er besitzt ein breites Fachwissen, ist aber trotzdem in einigen Gebieten ein Experte. T-Shaped-Skilled nennt sich diese Mischung aus Generalist und Spezialist.

In der Praxis bedeutet das: Der Growth Hacker kennt sich beispielsweise mit Programmierung, User Experience und Webanalyse aus; seine Spezialität sind jedoch SEO und SEA.

Als Growth Hacker sollten Sie sich somit mit Web-Technologien (wie HTML, PHP, Python) und Web-Tools (Wordpress, Google Analytics, Facebook Ads etc.) gleichermaßen auskennen. Zudem benötigen Sie Fachwissen über Marketing, Vertrieb und IT-Trends. 

Möchten Sie als Growth Hacker arbeiten? Dann sollten Sie neben den fachlichen Qualifikationen noch diese Soft Skills besitzen:

  • Sie sind stets offen für Neues
  • Sie arbeiten kreativ und suchen nach neuartigen Lösungen
  • Sie können sich in Ihre Kunden hineinversetzen
  • Sie besitzen ein gutes Zeitmanagement
  • Sie können sich auf wichtige Dinge konzentrieren
  • Sie nehmen sich Zeit für Experimente
  • Sie handeln anstatt nur zu reden
  • Sie arbeiten in schnellen, kleinen Schritten
  • Sie passen ihr Vorgehen flexibel an
  • Sie lieben Zahlen und Analysen
  • Sie wiederholen ihre Erfolge, um eine Skalierung zu erreichen
  • Sie bilden sich ständig fort
  • Sie haben immer ein Ziel vor Augen: Wachstum!
     

Wo gibt es Jobs für Growth Hacker?

Stellenausschreibungen, in denen explizit Growth Hacker gesucht werden, sind in Deutschland recht selten zu finden. In der Regel schreiben Unternehmen typische IT-Berufe aus, bei denen ein breitgefächerter Wissensschatz gefordert wird. Das sind zum Beispiel Stellen als Scrum Master / Agile Coach, Business Analyst, UI / UX Designer oder Onlinemarketing Manager.

Growth-Hacker-artige Jobs finden Sie bei Startups. Und bei größeren Unternehmen, die mit innovativen Ansätzen ihr klassisches Business voranbringen möchten.
 

Fazit: Sind Growth Hacker die “Magier der Neuzeit”?

Nein, auch Growth Hacker besitzen keinen Zaubertrank. Stattdessen handelt es sich um eine bestimmte Gattung von Spezialisten, die verschiedene Skills in einem Job vereinen. 

Das Onlinemagazin Techcrunch.com beschreibt sie so: “Growth Hacker sind eine seltene Rasse und ein höchst unwahrscheinliche Kreuzung aus Daten, Kreativität und Neugier”.

Trifft das auf Sie zu? 


Bilder: Adobe Stock, growwithward.com