IT-Karriere im FinTech-Bereich: Neue Chancen für IT Professionals
2018-11-28T10:06:41+01:00Entwickler und IT Professionals mit Karriere-Ambitionen sind gut beraten, einen Blick auf die Fintech-Branche zu werfen: Dort wird aktuell die Zukunft der weltweiten Finanzbranche geformt. Mit diesem Eindruck verließ man als Teilnehmer die Premiere der FinTechWorld Conference im Rahmen der Techweek Frankfurt im November 2018.
Einen ganzen Tag lang gaben Investoren und C-Level-Vertreter von Fintech-Unternehmen Einblicke in den aktuellen Status der Welt der Banken, Investment-, Blockchain- und Finanzvergleichs-Unternehmen. Es sind die Schlüsseltrends in diesem spannenden Branchen-Konglomerat, die Anlass zu der These geben:
IT Professionals, die sich der Fintech-Branche zuwenden, dürften in den nächsten Jahren äußerst spannende Karrierechancen haben.
Warum das so ist?
- Weil einerseits die Banken in einer Krise stecken,
- andererseits agile Startups in kürzester Zeit Milliarden-Dollar-Bewertungen erreichen und den klassischen Geldhäusern mit ihren Innovationssprüngen gehörig Druck machen.
- Dies führt zu einer nie gekannten Innovationsgeschwindigkeit führt.
- Entsprechend gefragt sind zwangsläufig IT Professionals mit Durchblick bei den neuesten Trends und den entprechenden kommunikativen Soft Skills.
FinTechs krempeln die Leadgenerierung für Kredite um:
Betrachten wir das Beispiel Kundengewinnung der Banken im Internet. Stellen Sie sich vor, ein Mittelständler oder KMU sucht einen Kredit oder eine Finanzierung. Dann landet er beim Anfrageformular einer klassischen Bank, das abschreckend und kompliziert wirkt. Eine Ecke weiter findet er im Web die Website eines Fintech-Vergleichsportals. Alles ist dort viel verständlicher, übersichtlicher und schneller auszufüllen.
Die Folge: Bei den Conversion Rates trennt sich hier die Spreu vom Weizen. Konsequent abgespeckte, niedrigschwellige Antragsstrecken für Online-Kredite können im Vergleich zu althergebrachten Onlineformularen traditioneller Banken ein Vielfaches an Kunden überzeugen (Conversions erzielen). Den Banken kommt also Neugeschäft abhanden. Vermeiden können sie das nur, wenn sie sich nicht von der Kundenorientierung der Fintech-Lösungen inspirieren lassen oder neues Knowhow in diesen Bereich einkaufen.
Usability wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
Die Folge: Banken kooperieren mit FinTechs, die für die Kunden einfach nutzbare Vergleiche für Kredite, Leasing und Finanzierungen anbieten. Dabei hat zunächst das FinTech den Kontakt zum Kunden, nicht etwa die Bank. Sie steht plötzlich in der zweiten Reihe. Zudem bringen FinTech-Ideen Innovationen in die internen Prozesse und Geschäftsmodelle der Banken.
Ironie: Mit der Kooperation eröffnet sich für die FinTechs wiederum eine Marketing-Chance. Denn die Vergleichsportale aus dem Fintech-Bereich können dann oft öffentlich auf die Banken als Kooperationspartner verweisen. Sie schmücken ihre Websites mit den altvertrauten Logos der Banken. Allein schon das Bankenlogo auf der Vergleichs-Website, dazu vielleicht noch ein TÜV- oder ähnliches Siegel, schafft Vertrauen.
Folge: Die Banken sehen derzeit ein, dass sie durch ihre passiven Konsolidierungs-Strategien ins Hintertreffen geraten. Sie kaufen zu, sowohl durch die Übernahmen als auch durch die Akquise kompetenten Personals, unter anderem im IT- und Marketing-Bereich.
Die Banken ringen sich zu mehr Kooperationsbereitschaft durch:
War die Bank in der Vergangenheit ein idealer Elfenbeinturm für Manager, so muss sie heute plötzlich offen sein - für die Ideen innovativer, IT-getriebener FinTechs. Skills in Bereichen wie Microservices, KI, innovativem Frontend Development und so weiter, gewinnen an Kurswert im Vergleich zu langjähriger Berufserfahrung.
Die Fintechs bringen nicht nur frischen Wind:
Fintechs denken komplett anders.
Im IT-Bereich setzen sie beispielsweise - wo möglich - auf Microservices statt Monolithen. Sie sind, um das Modewort zu bemühen, "disruptiv" im besten Sinne, akzeptieren nicht jede Altlast, sondern stellen veraltete Architekturen in Frage. Genutzt wird das, was etwas bringt - nicht zwingend das, was eben schon immer da war. Ein ideales Spielfeld für innovative IT Professionals, die sich auf diesem Wege neue, spannende Aufgabenfelder erschließen können.
KI (AI) übernimmt Risikomanagement und Asset Management
Ebenfalls eindrucksvoll, wie im Bereich Asset Management durch KI-Unterstützung hervorragende Renditen erzielt werden können. Das liegt nicht nur daran, dass die alte Tradition, Menschen diskretionär über die Bestückung von Depots entscheiden zu lassen, nicht unbedingt besser performt. Durch Algorithmen verwaltete Depots können zudem besser optimiert werden, und sei es durch Kleinigkeiten wie die maximale Ausschöpfung von Freibeträgen durch automatische Transaktionen vor deren Verfall am Jahresende. Und: Natürlich entfallen auch Personalkosten für hochdotierte Fondsmanager - in den kommenden Jahren vermutlich in zunehmendem Umfang.
Allerdings wächst KI nicht auf Bäumen.
Sie muss erdacht, erstellt und vor allem trainiert werden - mit hohem Aufwand. Auch hier sind IT Professionals gefragt. In den kommenden Jahren mehr denn je zuvor. An den Finanzmärkten findet schließlich ein ständiges Kräftemessen statt. Und so reicht es nicht aus, eine Investment-KI so weit zu trainieren, dass sie sehr gut ist - sie muss besser sein als die des Wettbewerbs, die schließlich der Gegenspieler ist. Auch hier also ein exzellentes Spielfeld für High Potentials aus dem IT-Sektor.
Die Blockchain wird jetzt erst richtig spannend
Der Crypto Crash des Jahres 2018 steht für Blockchain-Innovatoren überhaupt nicht im Mittelpunkt. In der Branche konzentriert man sich auf innovative Anwendungen auf Basis der Blockchain. Es geht darum, neuartige Zahlungsflüsse zu ermöglichen. Diese sind dezentral, nach heutigem Kenntnisstand kaum von Einzelnen manipulierbar und unglaublich flexibel in der Gestaltung.
Durch Tokens kann alles verbrieft werden - in der Blockchain. Im Grunde genommen kann man sich Tokens wie kleine Jetons (wie bei Autoscooter) oder Wertmarken vorstellen. Nur eben digital. Ihr besonderer Zauber ist, dass sie so flexibel anwendbar sind. Und aus der Sicht von Blockchain-Experten steht fest, dass wir Tokens - also Kryptowährungen - bald nicht mehr primär mit Spekulationsblasen verbinden werden. Vielmehr sollen sie Grundlage völlig neuartiger Anwendungen im Fintech-Bereich werden.
Wer möchte, kann seine eigene Kryptowährung ohne großen Aufwand herausbringen. So lassen sich beispielsweise Anteile einer Immobilie verwenden, um eine völlig andere Asset-Klasse zu erwerben.
Smart Contracts ermöglichen grenzenlos phantasievolle Anwendungen.
Eine Währung, die am Wochenende mehr wert ist als wochentags? Ein Smart Contract, der immer, wenn ein definiertes Ereignis eintritt, eine definierte Summe Kryptowährung an eine definierte Adresse sendet? Ein Kfz-Kredit, bei dem die Wegfahrsperre mit der Blockchain kommuniziert und das Fahrzeug bei Zahlungsverzug stillegt? Alles kein Problem - wenn die entsprechenden Ideengeber und Entwickler das nur wollen. Technische Basis sind immer eine Blockchain und die entsprechenden Tokens. Faszinierend ist, dass damit Anwendungen möglich werden, die de facto unaufhaltsam laufen, solange die zugrundeliegende Blockchain existiert.
Das sind Innovationen, die weit über den kurzen Krypto-Hype ab 2016 mit anschließendem Tal der Tränen hinaus gehen - und die unsere Finanzwelt und auch unser Wirtschaftssystem aller Voraussicht nach ganz massiv verändern werden.
Nicht nur IT-Berufe sind von Fintech betroffen
Nicht nur IT-Berufe werden davon berührt sein. Im Onlinemarketing der Banken wird beispielsweise kein Weg daran vorbeizuführen, Sales Funnels neu zu denken, die Kommunikation kundenorientierter zu gestalten und massiv auf Retargeting zu setzen - so datenschutzkonform, dass es keine Angriffsflächen bietet. Auch hier existiert offensichtlich erheblicher Bedarf innerhalb der Bankenwelt - Bedarf an Expertise.
Fazit ist: Wer aktuell in den Bereichen IT und Marketing an seiner Karriereplanung feilt, der sollte die Fintech-Branche im Auge behalten. Doch auch Banken, die - geläutert und motiviert nach Jahren der Passivität - nach neuen Lösungen suchen, dürften bald dankbare Arbeitgeber für digitale Vordenker sein.